Die Rede unserer Stadträtin Isabell Lieffertz auf der "Alle zusammen gegen die AfD" Kundgebung

Auf der "Alle zusammen gegen die AfD" Kundgebung am 27.01.2024 war auch die Linke Worms anwesend. Unsere Wormser Stadträtin Isabell Lieffertz hat auf der Kundgebung die folgende Rede gehalten:

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich freue mich, heute vor so vielen von euch sprechen zu können und gemeinsam mit euch ein starkes Zeichen gegen den Rechtsruck zu setzen. Wir sind heute hier versammelt, weil wir unsere Demokratie beschützen wollen. Vor der AfD und allen anderen Neonazis. Sicher hat sich jede Person hier schon einmal Gedanken dazu gemacht, wie wir wirksam gegen Rechts vorgehen und darauf will ich heute eingehen.

Viele Politiker*innen von CDU, FDP, aber auch SPD und Grünen wollen gegen die AfD vorgehen, indem sie ihre populistischen Positionen übernehmen und teilweise umsetzen. Hier will ich nur ein paar Beispiele nennen - die Liste ist deutlich länger.  Letztes Jahr prangerte ein Foto von Olaf Scholz auf dem Spiegel-Cover mit den Worten, wir müssten endlich im großen Stil abschieben. Die Bundesregierung stimmte der GEAS-Reform zu. Einer Reform, die ermöglicht, dass Geflüchtete an den EU-Außengrenzen in haftähnlichen Lagern festgehalten werden, bis über ihre individuelle Aussicht auf Asyl entschieden wird. Dies bedeutet eine faktische Aussetzung des Grundrechts auf Asyl auf europäischer Ebene. Lindner und Buschmann von der FDP fordern, Sozialleistungen von Schutzsuchenden unter bestimmten Bedingungen auf Null zu senken. Teile der CDU wollen das Asylrecht ganz abschaffen, wie z.B. Thorsten Frei, Unionsgeschäftsführer im Bundestag, den die Wormser CDU zu ihrem Neujahrsempfang einlud. Die Ampelregierung beschloss das sogenannte

Rückführungsverbesserungsgesetz und greift damit massiv in die Grundrechte von Geflüchteten ein.

Das passierte alles unter dem Vorwand, die AfD zu schwächen, aber schwächt man sie damit überhaupt? Gibt es dazu irgendwelche Studien? Studien gibt es zu genüge, aber sie zeichnen ein anderes Bild. Hier mal eine Beispielstudie: Ein Team von Politikwissenschaftlern hat die Wahl- und

Umfrageergebnisse seit 1970 aus zwölf westeuropäischen Ländern analysiert. Sie kommen zu dem Schluss, dass die Übernahme rechter Positionen Mitte-Links-Parteien keine Stimmen bringt und den

rechtsradikalen Diskurs legitimiert, normalisiert und die radikale Rechte stärkt. Hier zeigt sich: Die Menschen wählen das Original und wer rechte Politik macht, bereitet den Nährboden für Demokratiefeinde. Jede demokratische Partei trägt Verantwortung dafür, unsere Demokratie zu schützen und das hier ist ein Appell an Kolleginnen und Kollegen, diese Verantwortung endlich mal ernstzunehmen.

Wir müssen Rechtsextremen und Rechtspopulist*innen den Nährboden für ihre Hetze entziehen! Oft wurde gefragt, wie wir AfD-Wähler zurückgewinnen können. In meinen Augen ist das die völlig falsche Frage. Das Bild vom Protestwähler stimmt längst nicht mehr. Wer jetzt AfD wählt, weiß genau, was er tut! Diejenigen, die sozial benachteiligt werden und Existenzängste haben,

schaffen es nicht zur Wahlkabine. Es existiert ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Wahlbeteiligung und Armut. Reiche Menschen wählen oft und arme Menschen wählen selten. Das ist auch kein Wunder. Wer mit heftigen Preiserhöhungen zu kämpfen hat, in den Niedriglohnsektor gezwungen wird oder mit Bürgergeld am Existenzminimum lebt und schauen muss, wie man noch genug Geld am Ende des Monats übrig hat, hat ganz andere Sorgen.

Auch eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigt eindeutig: Armut gefährdet die Demokratie. Wer also die Demokratie stärken will, muss auch den Wohlfahrtsstaat stärken! Jeder Angriff auf den Sozialstaat ist auch ein Angriff auf unsere  Demokratie. Und hier will ich, gerade auch als Kommunalpolitikerin, auf eine große Gefahr für unsere Demokratie hinweisen. Und zwar das  Kaputtsparen der Kommunen, was wir gerade hier in Worms sehen. Das Spardiktat durch die Landes- und Bundesregierung gefährdet unsere Demokratie. Sie schränkt die Gestaltungsfähigkeit derjenigen ein, die sich demokratisch engagieren und einbringen wollen. Und verunmöglicht dringend benötigte Investitionen in die Zukunft und in die soziale Sicherheit. Die Kommunen brauchen Geld für Demokratieprojekte, soziale Arbeit sowie eine Infrastruktur, die niemanden zurücklässt!

 Auf Bundesebene waren in einem früheren Entwurf für den Haushalt 2024 Kürzungen in der politischen Bildung vorgesehen, aber durch einen breiten Protest wurden diese zurückgenommen. Und das ist ein Erfolg, den wir jetzt erst mal feiern können! Aber wir brauchen nicht nur die Rücknahme von Kürzungen, sondern mehr Investitionen. Beispielsweise in Demokratieprojekte, wie zum Beispiel die Bundeszentrale für politische Bildung oder auch bestimmte Kampagnen gegen Hassgewalt. Und wir brauchen eine Abkehr von der Schuldenbremse. Denn gerade ist sie eine Demokratiebremse!

Oft wird gesagt, es sei nicht genug Geld da. Komischerweise wird das nur bei Sozialem gesagt: bei der sozialen Absicherung, einem kostengünstigen Nahverkehr, Demokratieförderung. Wir kennen die Beispiele. Für die Bundeswehr aber waren plötzlich 100 Milliarden Euro dar. Wir brauchen ein Sondervermögen Demokratie. Denn eine Demokratie muss uns das Geld wert sein! Vielen Dank.